
Die JMSM und der Kapf
Mathilde Müller hätte diesen Ort gemocht. Sie, die als Bibliothekarin Literatur liebte und lebte, selbst leidenschaftlich gerne Märchen schrieb, sich für Kultur interessierte und noch im hohen Alter zum Katholizismus konvertierte, hätte ihre helle Freude gehabt am ehemals klösterlichen Kapf. Auch an dessen spektakulärer Lage als Solitär auf der malerischen Moräne mit Blick in «ihr» Freiamt. Und natürlich an der Idee, das «Haus der Bücher» nicht bloss zu retten, sondern auch zu öffnen.
Genau das schwebte der JMSM vor, als sie den Kapf im September 2021 kaufte. Denn es ist ein wahrhaft mystischer Ort. Erika Burkart und Ernst Halter wurden davon inspiriert. Das gesamte Werk der grössten Schweizer Lyrikerin des 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts ist dort entstanden. Dasselbe gilt für die Bücher ihres Mannes. Die beiden machten den Kapf zum Ort der Literatur.
Dass sich Ernst Halter, der nach wie vor im Kapf lebt und dort ein Wohnrecht auf Lebenszeit geniesst, mit dessen Unterhalt allmählich überfordert fühlte, ist der Grund, dass die JMSM die Liegenschaft übernahm, die auf eine über 300-jährige Geschichte zurückblickt …
Eine turbulente Geschichte
Laut den nicht immer ganz zuverlässigen «Annales» von Pater Anselm Weissenbach lässt Abt Plazidus Zurlauben 1688 oberhalb von Althäusern auf Bitten seiner Schäfchen inmitten von Reben eine Trotte bauen, Festbänke fürs Bauernvolk aufstellen und ein paar Zimmer für seine Klosterbrüder einrichten. Der Kapf wird zur klösterlichen Sommerresidenz, in die auch Zurlaubens Nachfolger Gerold Haimb gehörig investiert. So richtig bedeutungsvoll wird er aber nie.
Als das Kloster Muri 1841 aufgehoben wird, kauft Pächter Vit Leonz Küng den Kapf. Ihn gehörig zu unterhalten, kann er sich aber nicht leisten. Ab 1900 geht der Kapf von Hand zu Hand, bis ihn 1922 der Abenteurer Walter Burkart kauft und in ein Gasthaus verwandelt.
Das liegt auch an seiner Lage: Der Kapf – was nichts anderes als Aussichtspunkt bedeutet – befindet sich an herrlicher Panoramalage zwischen Reusstal und Bünztal. Er ist umgeben von einem märchenhaften Garten und einer idyllischen Landschaft. Über 100 Jahre wird er in Familienbesitz bleiben.
Auf Initiative von Ernst Halter, Burkarts Schwiegersohn, wird der Kapf, inklusive Gartenanlage, Umfassungsmauer, Kutschertor, Sodbrunnen und Allee, 2015 unter kantonalen Denkmalschutz gestellt. Es ist das Verdienst Halters und seiner Frau Erika, dass das 300-jährige Gebäude baulich praktisch unverändert blieb: Fussböden, Treppen und Türrahmen, aber auch die bemalten Tapeten sind noch aus dem Jahr 1736.
Wie geht es nun weiter?
Doch der Kapf ist damals schwer in die Jahre gekommen: Die Fassaden bröckeln, Feuchtigkeit setzt dem Fundament zu. Diese Probleme kann und will Ernst Halter verständlicherweise nicht mehr selbst stemmen. Um das bedeutende Baudenkmal zu retten, kauft die Josef Müller Stiftung Muri den Kapf und beginnt mit der Sanierung, die sich als aufwändig herausstellt. Der Riegel muss grossenteils ersetzt werden, damit das Haus nicht Gefahr läuft, einzustürzen.
Im Winter 2024/25 erstrahlt die Fassade in neuem Glanz und auch die sanfte Komplettsanierung im Haus ist abgeschlossen. Ernst Halter kann in sein Zuhause zurückkehren – zusammen mit seinen 10'000 Büchern. Gleichzeitig beginnt die JMSM, sich Gedanken zum Nutzungskonzept zu machen, sollte Ernst Halter einmal nicht mehr von seinem Wohnrecht Gebrauch machen wollen.
Sicher ist bereits: Der Kapf soll öffentlich und zum Ort der Kultur werden. Nicht einer elitären Kultur, sondern einer verbindenden, vielfältigen und niederschwellig zugänglichen. Ideen sind bereits viele vorhanden.
Fortsetzung folgt …